Gefragt, Gesagt.
”Verdiente Eisenbahner“ –
worum geht's, Herr Storeck?
dr-db.MEDIA, der Verlag für Eisenbahnliteratur von Olaf Storeck, kündigt ein neues Buch an, das gleichzeitig der erste von vier Bänden über die „Verdienten Eisenbahner der DDR“ sein wird. Thomas Rehder erfragt die Hintergründe.
Das neue Buch "Verdiente Eisenbahner der DDR, Bd. I" erscheint in…
You missed out!
…und wird auf der Eisenbahnsammlerbörse in Zwickau erstmals vorgestellt.
Thomas Rehder: Bevor wir uns dem Anlass des heutigen Gesprächs widmen – dem bevorstehenden Erscheinen Deines neuen Buchs – lass uns auf die letzten zwölf Monate zurückblicken, dem ersten Jahr Deines Verlages. Bist Du mit dem Start zufrieden? Kam Dein Erstlingswerk an?
Olaf Storeck: Wir wissen ja, dass bei der Eisenbahnliteratur das Uniformthema eine Nische ist und speziell die Uniformordnung der 50er Jahre der Deutschen Reichsbahn die Nische in der Nische verkörpert. Deshalb freue ich mich, dass mein Erstling „Russenbretter und Quarkschnitten“ so gut angenommen wurde. Das zeigen die Verkaufszahlen aber auch die Leserstimmen. Zum Thema der im Buch enthaltenen Eisenbahnerbiografien habe ich viele positive Rückmeldungen erhalten. Eigentlich sollten diese „nur“ das Thema der Uniformordnung flankieren, also gelebte Beispiele von Eisenbahnern in Uniform der 50er Jahre zeigen und wie sich diese Kollegen weiterentwickelt haben. Anscheinend gibt es Interesse an solchen Eisenbahnerkarrieren über eine Uniformordnung hinaus.
Thomas Rehder: Und das war der Anstoß für Dein neues Buch?
Olaf Storeck: Mir ist aufgefallen, dass manche Fotos von Eisenbahnern in Uniform nur deshalb entstanden sind, weil diese als „Verdiente Eisenbahner“ fotografiert und damit in der Presse vorgestellt wurden. Das Thema „Verdienter Eisenbahner der DDR“ ist ein abgeschlossenes Sammlergebiet und wird in Kombination mit der Kurzvorstellung der damaligen Geehrten sowohl ehemalige Eisenbahner als auch Ordenssammler interessieren. Mein Anspruch an ein Buch dazu war und ist, die Hintergründe dieser staatlichen DDR-Auszeichnung, die gesetzlichen Regelungen, die Beschreibung der Urkunden und des Ehrenzeichens sowie die Kurzvorstellung der Ausgezeichneten abschließend zusammenzufassen.
Dass dieser Ehrentitel auf 30 Verleihungen pro Jahr begrenzt war, dass er nur einmal pro Person verliehen werden konnte und dass in der Regel der Minister für Verkehrswesen selbst diese Ehrung persönlich bei einer Festveranstaltung zum „Tag
des deutschen Eisenbahners“ vornahm, verleiht dem Ganzen schon eine gewisse Exklusivität. Hinzu kamen eine Urkunde, ein Ehrenzeichen und eine Prämie von 5000 Mark.
In meiner Wahrnehmung war diese Auszeichnung eine bei Eisenbahnern beliebte Auszeichnung, die von anderen auch mit entsprechender Wertschätzung belegt war. Auf dem Podium zur Auszeichnung standen gleichberechtigt der Präsident einer Reichsbahndirektion, aber eben auch die Fahrzeugreinigerin oder der Hilfsschlosser, um die Glückwünsche des Ministers entgegenzunehmen. Die erste Verleihung des Ehrentitels fand 1951 statt, die letzte 1990.
Im Laufe der Jahre 1951 bis 1990 betrifft dies ca. 1225 Titelträger, also etwa 30 Ausgezeichnete pro Jahr. Damit ist dies eine Auszeichnung, die eben nicht so inflationär wie andere Auszeichnungen „verteilt“ bzw. verliehen wurde. Bei durchschnittlichen 270.000 Eisenbahnern (im Durchschnitt über die Jahresscheiben 1951 bis 1990 betrachtet) sind das keine 0,5 Prozent der Eisenbahner, die diese Ehrung erhielten.

Dies ist eine Auszeichnung, die eben nicht so inflationär wie andere Auszeichnungen „verteilt“ bzw. verliehen wurde.
Thomas Rehder: 40 Jahre und 1225 Auszeichnungen – wie verarbeitet man diese Bandbreite in einem Buch?
Olaf Storeck: Gar nicht (lacht). Das vorliegende Buch soll der Auftakt von insgesamt vier Bänden werden: einmal die Vorstellung der Verdienten Eisenbahner der 50er (Band I), der 60er (Band II), der 70er (Band III) und als vierter Band die Eisenbahner der 80er Jahre plus 1990. Jeder Band soll zusätzlich im allgemeinen Teil spezifischer auf Grundlagen zum Ehrentitel eingehen: das Auszeichnungswesen der DDR und die gesetzlichen Grundlagen für den Ehrentitel „Verdienter Eisenbahner der DDR“ (Band I), die Urkunden, Mappen und Trägerausweise (Band II), die zwei verschiedenen Formen des Ehrenzeichens, sprich Orden (Band III) sowie statistische Daten und die Einordnung zur Tragefähigkeit in der heutigen Zeit (Band IV). Ich möchte die noch fehlenden drei Bände bis 2027 veröffentlichen.

Thomas Rehder: Das klingt nach einem anspruchsvollen Vorhaben mit strammem Programm. Unter welchen Titel stellst Du die Buchreihe?
Olaf Storeck: Ehre, wem Ehre gebührt – das mag im ersten Moment etwas monumental wirken, ist aber eine Redewendung, die nicht mehr aber auch nicht weniger besagt, als dass man Anerkennung und Respekt für diejenigen erbringen sollte, die das verdient haben. Sie leitet sich von einem Zitat des Apostels Paulus in Römer 13,7 ab und ermutigt dazu, auch Unscheinbare zu würdigen, die Gutes tun, und gegen falsche Bescheidenheit vorzugehen. Heute wird die Wendung im Sinne von "Anerkennung, wo sie angebracht ist"
verwendet. Es geht darum, dass Menschen, die sich durch Taten oder Fähigkeiten ausgezeichnet haben, auch die verdiente Wertschätzung erfahren sollten. Man könnte sagen: "Ich kann ihn zwar nicht leiden, aber fachlich ist er brillant. Ehre, wem Ehre gebührt", wenn man die Leistung einer Person anerkennt, obwohl die persönliche Beziehung schwierig ist. Kurz gesagt: "Ehre, wem Ehre gebührt" ist eine Aufforderung, Gerechtigkeit walten zu lassen und diejenigen zu ehren, die durch ihre Verdienste und Taten dazu Anlass geben. Es soll in der Buchreihe nicht um die Bewertung der einzelnen Person, sondern um das Verhältnis zur Auszeichnung und um die Hintergründe der Verleihung gehen.

Es geht darum, dass Menschen, die sich durch Taten oder Fähigkeiten ausgezeichnet haben, auch die verdiente Wertschätzung erfahren sollten.
Thomas Rehder: Unterscheidet sich Dein Ansatz als Autor zwischen Erstlingswerk und den Verdienten Eisenbahnern? Zumal es doch wohl unterschiedliche Beweggründe gegeben hat, die Auszeichnung zu verleihen – fachliche Leistung, aber auch politische Gründe?
Olaf Storeck: Die Beschreibung einer Uniformordnung, wie im Buch „Russenbretter und Quarkschnitten“ geschehen, ist im Kern objektiv, neutral und beschreibend, auch wenn ich sie immer wieder um gesellschaftliche und politische Bezüge ergänzt habe um den Inhalt nicht im luftleeren Raum stehen zu lassen. Wenn man sich an diese Zeit erinnern kann, wird man dem zustimmen, da ich mich strikt an die Uniformordnung und die historischen Quellen gehalten habe. Wenn man diese Zeit nicht miterlebt hat, kann man nachvollziehen, warum diese Uniformordnung so ist, wie sie ist.
Spezieller wird es zum nächsten Thema, den „Verdienten Eisenbahnern“. Da in der damaligen Zeit Eisenbahner ihrem Unternehmen lange treu blieben, bleibt es nicht aus, dass der eine oder andere einen „Verdienten Eisenbahner“ persönlich kennt und seine subjektive Meinung zu diesem Menschen hat. Das differiert dann zwischen: „Toll, dass die Frau X diese Auszeichnung erhalten hat, sie hat es wirklich verdient …“ bis zu „Ich habe mit ihr gearbeitet, warum die so viel Orden
bekommen hat, weiß kein Mensch, … wahrscheinlich, weil ihr Sohn bei der Stasi war …“. Da wären wir wieder beim Titel „Ehre, wem Ehre gebührt“.
Wie schon erwähnt, geht es mir im Buch nicht darum, die jeweilige geehrte Person zu bewerten, sondern das „Wesen“ der Auszeichnung „Verdienter Eisenbahner der DDR“ und die Verleihungsgründe zu beschreiben. Diese Gründe differieren wahrlich zwischen rein politischen Verleihungen, die eigentlich mit dem Verleihungs-Statut nichts zu tun haben, und der Anerkennung von besonderen Leistungen im Eisenbahnwesen. Da gibt es auch Unterschiede zwischen den 50er, 60er, 70er und 80er Jahren.
Jeder Eisenbahner hat damals seine persönlichen Entscheidungen getroffen, teilweise mit Erfahrungen des Ersten und Zweiten Weltkrieges, mit Erfahrungen aus verschiedenen Gesellschaftssystemen, aber immer mit dem Wunsch, sich für eine funktionierende Eisenbahn, in diesem Falle die Deutsche Reichsbahn der DDR, einzubringen. Ich bin selbst 28 Jahre in der DDR sozialisiert worden und werde mir nicht anmaßen, mit meinem heutigen Wissen, Personen in ihren damaligen Lebensumfeld moralisch zu bewerten. Gerade durch diese Mischung ist es spannend, ein Blick auf den Umgang mit der hohen staatlichen Auszeichnung des „Verdienten Eisenbahners der DDR“ zu werfen.
Beispiel eines "Verdienten Eisenbahners der DDR": Günther Knobloch

Trägerausweis für den Ehrentitel Verdienter Eisenbahner der DDR

Urkunde für den Ehrentitel Verdienter Eisenbahner der DDR

Ehrenzeichen (Orden) für den „Verdienten Eisenbahner“ von 1963

Uniform von Knobloch mit Interimsspange (darunter der „Verdiente Eisenbahner“ obere Reihe, zweite von rechts)
Thomas Rehder: Gleichwohl stelle ich es mir nicht eben einfach vor, 1225 Biographien zu rekonstruieren …
Olaf Storeck: Die Materialrecherche war sehr umfangreich, zeitintensiv und teilweise schwierig. Es wird in jedem Jahr ein paar „Verdiente Eisenbahner“ geben, die ich maximal mit Namen, Funktion und einem Passbild aus der Eisenbahnerzeitung „Fahrt Frei“ vorstellen kann. Andererseits wird es auch Biografien geben, die mehrere Seiten enthalten und damit länger ausfallen. Das funktionierte immer dann, wenn ich persönlich mit einem Ausgezeichneten reden konnte, es Angehörige eines Geehrten gab, die liebevoll den Nachlass pflegten und ihn dementsprechend zur Verfügung stellten oder wenn die Literaturrecherchen in den Archiven der Zeitungen „Neues Deutschland“ und „Fahrt Frei“ und andere Quellen es hergaben.
Viel Bild- und Textmaterial fand ich auch im Bundesarchiv, der digitalen Fotothek, verschiedenen Landesarchiven, Museen und Archiven von Institutionen. Eine große Unterstützung war die historische Sammlung der DB, sei es durch Verwendung von Material der ehemaligen Eisenbahnerzeitung „Fahrt Frei“ aber auch durch die Bildbereitstellung.
Da ich 46 Jahre bei der Deutschen Reichsbahn bzw. der Deutschen Bahn in verschiedenen Geschäftsfeldern tätig war,
hatte ich selbst die damalige Sicht auf diese Auszeichnung, aber auch die entsprechenden Kontakte zu damaligen Eisenbahnern im gesamten Reichsbahngebiet der DDR. Diese ehemaligen Kollegen haben mir sehr geholfen, Kontakte zu Angehörigen von „Verdienten Eisenbahnern“ herzustellen, die dann Informationen oder Fotos beistellten. Manchmal waren solche Gespräche nicht einfach, da erst gesundes Misstrauen überwunden werden musste und mancher aus heutiger Sicht die DDR-Zeit persönlich anders bewertete. Oft standen auch gesundheitliche Themen einer Wissensvermittlung im Wege.
Viel Unterstützung erhielt ich auch durch verschiedene Sammler, die mir die entsprechenden Urkunden zur Verfügung stellten. Vermittelt wurde dies durch Dirk Hubrich von der „Deutschen Gesellschaft für Ordenskunde“ e.V. und Norbert Caliari, der als Händler von Eisenbahndevotionalien über die entsprechenden Kontakte verfügt.
Die Berichterstattungen im „ND“ und der „FF“ waren in den 50er und 60er Jahren sehr intensiv, verflachten dann aber in den 70ern und waren sehr spärlich in den 80ern. Insofern würde ich mich sehr freuen, wenn Angehörige von „Verdienten Eisenbahnern“ oder „Verdiente Eisenbahner“ selbst, die in den 70ern und 80ern geehrt wurden, mit mir Kontakt aufnehmen, um eventuell Material für die beiden letzten Bände zur Verfügung zu stellen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Angehörige von „Verdienten Eisenbahnern“ oder „Verdiente Eisenbahner“ selbst, die in den 70ern und 80ern geehrt wurden, mit mir Kontakt aufnehmen, um eventuell Material für die beiden letzten Bände zur Verfügung zu stellen.
Thomas Rehder: Ganz praktisch – ab wann kann man das neue Werk in den Händen halten?
Olaf Storeck: Ende September findet die Endlesung des ersten Bandes mit dem Layout statt, dann wird die Druckerei
übernehmen. Ich hoffe, wiederum zur Eisenbahnsammlerbörse am 8.11.2025 in Zwickau, den Erstverkauf des neuen Buches starten zu können. Mit den Unterstützern des Buches möchte ich mich schon am 7.11.2025 zu einer kleinen Buchlesung in Leipzig treffen.