Gefragt, Gesagt.

Ein Buch zur Uniformordnung der 50er Jahre – was ist daran interessant?

Es wird ein Wälzer mit über 500 Seiten – das Buch zur Uniformordnung der 50er Jahre von Olaf Storeck. Der Kommunikationsprofi Dr. Frank Steinmeyer fragte nach.

Plakat der 50er Jahre

Uniform eines Vizepräsidenten einer Reichsbahndirektion

Frank Steinmeyer: Warum dieses Buch?

Olaf Storeck: Das Thema dieser Uniformordnung scheint in Vergessenheit zu geraten. Oft habe ich bemerkt, dass die Uniformordnung der Reichsbahn der 70er Jahre sehr gegenwärtig ist, da viele heutige Eisenbahner diese Uniform selbst trugen. Dünner wird es schon in den 60ern und ganz dunkel beim Thema der 50er. Die Eisenbahner, die diese Uniformen trugen, sind spätestens Mitte der 90er Jahre aus dem aktiven Dienst ausgeschieden, das ist rund 30 Jahre her. Die Inkraftsetzung der Uniformordnung von 1951 ist über 70 Jahre her, mittlerweile sind die dritten und vierten Generationen (hoffentlich) Eisenbahner. Wenn solche Effekten dieser Zeit auftauchen, vermuten viele eine russische Uniform, aber keiner – die Kenner ausgenommen – kommt sofort auf Deutsche Reichsbahn.

Uniformordnung der 50er Jahre: Keine Dienst-, sondern Berufsgrade

Für viele neu ist auch die Erkenntnis, dass man von 1951-1957 keine Dienstgrade, sondern Berufsgrade auf den Schulterstücken trägt.


Insofern soll der „Erstling“ dieses Thema aufgreifen.

Frank Steinmeyer: Warum ist die Berufskleidungsordnung der Deutschen Reichsbahn von 1951-1957 relevant für Sammler?

Olaf Storeck: Zu Uniformordnungen der Deutschen Reichsbahn gibt es grundsätzlich viel Literatur, auch im Internet gibt es viele Informationsquellen. Allerdings hat man zum Thema der Berufskleidungsordnung der Deutschen Reichsbahn von 1951 bis 1957 kaum bis keine Informationsmöglichkeiten. Selbst in den drei Büchern des „Uniformpapstes“ Günther Henneking aus Minden findet man keine Fotos oder Erläuterungen. Erst Hartmut Schöttge aus Delitzsch veröffentlichte 2002 ein 28-seitiges Heft zu dieser Zeitperiode (1946-1956). Ihm gelang eine gute und umfassende Darstellung der Schulterstücke (die Berufsgrade und keine Dienstgrade abbilden) sowie der anderen Effekten, wie Kordeln, Kragenspiegel usw. aus dieser Zeit. Selbst die umfangreichen sechs Änderungen der Kleiderordnung wurden nachvollziehbar aufgearbeitet.

Gruppenbild von Eisenbahnern Mitte der 50er Jahre.

Frank Steinmeyer: Da sind die jetzt erscheinenden über 500 Seiten dann doch eine andere Hausnummer…

Olaf Storeck: Die Anwendung dieser Berufskleidungsordnung (BKO) ist sehr komplex. Sie stellte auch die Profis der Kleiderkassen vor große Herausforderungen. Wenn ich einmal aufzählen darf: Für die

Schulterklappen gibt es a) sieben Varianten von vier-, aber auch fünfzackigen Sternen in b) drei Farben (Silber, Gold, Rot) in c) drei Größen (Spitzenmaß 14, 18 und 22 mm) auf d) unterschiedlich breiten Klappen (3,5; 4; 4,5 und 5 cm) mit e) fünf Berufsgruppenfarben (Biesenfarben) in Kombination mit f) 10 unterschiedlichen Berufsabzeichen.

Die Anwendung der Berufskleidungsordnung (BKO) ist sehr komplex. Sie stellte auch die Profis der Kleiderkassen vor große Herausforderungen … Dazu kommt erschwerend die besondere Situation der Nachkriegsjahre mit all ihren politischen Rahmenbedingungen sowie den Versorgungs- und Produktionsschwierigkeiten.

Schulterstücke für die Lokführerlaufbahn

Dazu kommt erschwerend die besondere Situation der Nachkriegsjahre mit all ihren politischen Rahmenbedingungen sowie den Versorgungs- und Produktionsschwierigkeiten.

Uniformordnung: Sechs Änderungen in 7,5 Jahren.

Frank Steinmeyer: Auch die Gestaltung erscheint ungewöhnlich?

Olaf Storeck: Entgegen aller deutschen Tradition von Eisenbahnuniformen wurde die Kleidung der Deutschen Reichsbahn für diese Zeit aufgrund russischer Einflüsse gestaltet. Die Schulterstücke wurden deshalb im Eisenbahnerjargon auch Kuchenbretter, Russenbretter oder Quarkschnitten genannt.

Frank Steinmeyer: Und sie wurde oft geändert.

Olaf Storeck: Genau. In der kurzen Bestehensdauer der BKO von knapp 7,5 Jahren gab es sechs Änderungen, sie wirkte bis Anfang der 60er Jahre nach.

Frank Steinmeyer: Nun sprechen wir schon eine ganze Zeit über die Uniformordnung. Aber eigentlich wollten wir über das Buch sprechen. Warum also dieses Buch?

Olaf Storeck: Mir waren die Gestaltung der Effekten, das politische Umfeld, die Gründe der Änderungen und auch die Probleme der Durchsetzung der Uniformordnung eine genauere Betrachtung wert.

Ich habe eine umfangreiche Sammlung von Effekten aus dieser Zeit aufgebaut. Aufgrund meines Ruhestandes hatte ich zudem die 

In meinem Buch wollte ich die Hintergründe, die Effekten, das Entstehen und die Anwendung dieser Uniformordnung näher erläutern. Sie hat ein Alleinstellungsmerkmal in der Geschichte der Eisenbahnuniformordnungen der Deutschen Reichsbahn.

Mützenkordeln von Männermützen

nötige Freizeit, um all dies in Buchform aufzuarbeiten. In meinem Buch wollte ich die Hintergründe, die Effekten, das Entstehen und die Anwendung dieser Uniformordnung näher erläutern. Sie hat ein Alleinstellungsmerkmal in der Geschichte der Eisenbahnuniformordnungen der Deutschen Reichsbahn. Aufbauend auf dem Heft von Hartmut Schöttge, wollte ich das Thema inhaltlich vertiefen und Bezüge zum gesellschaftlichen und institutionellen Umfeld schaffen.

Frank Steinmeyer: Wie ist das Buch aufgebaut?

Olaf Storeck: Das Buch unterteilt sich in fünf Kapitel. Nach einer Einleitung (Kapitel 1) werden im zweiten Kapitel die politischen Rahmenbedingungen und handelnde Personen dieser Zeit dargestellt. Das Kapitel 3 widmet sich sehr detailreich der Darstellung der Effekten der Berufskleidungsordnung von der Schulterstückauflage bis zur gesamten Uniform und ergänzt auch Themen zur Transportpolizei, der politischen Verwaltung, des Kulturbetriebes, hier speziell der Pioniereisenbahnen und der Eisenbahnerkapellen.

Besonders interessant: Wer trug welche Uniform?

Es ist zudem interessant, welche Eisenbahner bestimmte Uniformen trugen. Deshalb werden im Kapitel 4 ausgewählte Kurzbiografien von Eisenbahnern dieser Zeit geschildert, angefangen vom „einfachen“ Eisenbahner bis zu politischen Verantwortungsträgern. Eine Nachbetrachtung und ein Fazit zur BKO von 1951 bis 1957, aber auch der kurze Ausblick zu neuen Uniformordnung der Deutschen Reichsbahn ab November 1957 erfolgen im Kapitel 5. Die ergänzenden Abkürzungs-, Literatur-, Bilder-, Anlagen- und Personenverzeichnisse sind unter dem zusätzlichen Kapitel 6 zusammengefasst.

Frank Steinmeyer: Ich frage mal rundheraus: Ist das Ganze nicht recht trockener Stoff?

Olaf Storeck: Ich hoffe und ich glaube nicht. Da ich – wie oben erwähnt – mit vielen Bezügen, Zitaten und Verweisen auch über das Kernthema hinaus gearbeitet habe, finden selbst „Nichtsammler“ vieles im Buch recht unterhaltsam. Aber da soll sich am besten jeder eine eigene Meinung bilden – am besten, indem man ein Blick in die Leseprobe nimmt, die man gern als PDF herunterladen kann.

Selbst „Nichtsammler“ finden vieles in meinem Buch recht unterhaltsam. Aber da soll sich am besten jeder eine eigene Meinung bilden!